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Sonnensystem

Pluto: Fließende Gletscher und organische Wolken

New Horizons enthüllt Neues über Eis und Atmosphäre des Zwergplaneten

Wirbelförmige Muster im exotischen Eis des Pluto deuten auf fließende Gletscher hin. © NASA/JHUAPL/SwRI

Pluto liefert weitere Überraschungen: Neueste Daten der Raumsonde New Horizons enthüllen, dass es auf dem Zwergplaneten fließende Gletscher gibt. Exotisches Eis aus Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid strömt im Inneren der herzförmigen Ebene umher – und wird möglicherweise sogar bis in die Polregionen transportiert. Überraschend auch: Die Atmosphäre des Pluto enthält einen rötlichen Nebel aus Kohlenwasserstoffen.

Nach Aufnahmen eines Eisgebirges, einer Ebene mit Eisschollen und einer erstaunlich jungen, aktiven Oberfläche hat die NASA-Raumsonde New Horizons nun weitere erstaunliche Daten von ihrem Vorbeiflug am Pluto geliefert. Im westlichen Teil der herzförmigen Tombaugh-Ebene enthüllten die Bilder Hinweise auf strömende Gletscher und weiter im Süden ein weiteres Gebirge.

Verräterische Wirbel im Eis

Die Gletscher am oberen Rand der Tombaugh-Ebene bestehen aus gefrorenem Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid und zeigen auffallend helle und dunkle Wirbelmuster. Die NASA-Forscher interpretieren diese als Spuren von Eisströmungen, wie sie entstehen, wenn Gletscher um Hindernisse herumfließen. „Oberflächen wie diese haben wir bisher nur auf der Erde und auf dem Mars gesehen“, sagt Missions-Mitglied John Spencer vom Southwest Research Institute.

Das exotische Eis am Rand der Ebene muss demnach noch vor kurzem geflossen sein – und tut es vielleicht sogar noch jetzt. „Bei den auf Pluto herrschenden Temperaturen kann dieses Eis wie ein Gletscher fließen“, erklärt Bill McKinnon von der Washington University in St. Louis. Während die Gletscher sich am Nordwestrand der Ebene konzentrieren, bildet das Eis weiter innen ein Muster aus unregelmäßig geformten Eisschollen.

Diese Falschfarben-Aufnhame enthüllen das je nach Breitengrad unterschiedlich gefärbte Terrain © NASA/JHUAPL/SwRI

Neue Gebirge und klare Farbbänder

Im Süden schließen sich an diese Eisebene zwei weitere Gebirgsketten an, die etwa 1,6 Kilometer weit in die Höhe ragen. Sie wurden zu Ehren der Erstbesteiger des Mount Everest zunähst inoffiziell Hillary Montes und Norgay Montes getauft. Am Übergang zum dunklen Terrain südwestlich des hellen Herzens liegt ein chaotisches, von Kratern durchsetztes Gebiet – offenbar älteres Terrain, das noch nicht von frischem Eis +überdeckt wurde, wie die NASA-Forscher berichten.

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Die Oberfläche des Zwergplaneten scheint insgesamt in mehrere, relativ klar abgegrenzte Zonen unterteilt zu sein, wie Daten des Spektrometers an Bord von New Horizons kombiniert mit Kamera-Aufnahmen zeigen. So liegen die sehr dunklen Terrains entlang des Äquators, nur unterbrochen vom auffallenden hellen Herz. In den mittleren Breiten des Pluto dominieren dagegen Gelände mit mittlerer Helligkeit und im Nordpolargebiet strahlt helles Eis. Die Forscher vermuten, dass es einen saisonalen Transport von Eis vom Äquator zu den Polen geben könnte – eine Art planetarer Zirkulation.

Verblüffend hohe Wolkenschleier

Die Aufnahmen und Messungen, die New Horizons im Gegenlicht der Sonne machte, enthüllen auch mehr Details zur Atmosphäre des Pluto. Demnach ist seine Gashülle aus Methan und Stickstoff nicht nur ungewöhnlich ausgedehnt – in ihr gibt es auch deutlich erkennbare Wolkenschleier. Die Aufnahmen zeigen mindestens zwei verschiedene Nebelschichten, eine in rund 50 Kilometern Höhe und eine zweite in 80 Kilometern Höhe. Beide Schichten zusammen reichen 130 Kilometer hoch und damit deutlich weiter als man es zuvor für möglich gehalten hatte.

Plutos Atmosphäre enthält zwei Schichten mit Wolkenschleiern aus Eis- und Kohlenwasserstoffpartikeln. © NASA/JHUAPL/SwRI

„Mein Kinn klappte nach unten, als ich dieses erste Bild einer fremden Atmosphäre aus dem Kuipergürtel sah“, kommentiert Missionsleiter Alan Stern vom Southwest Research Institute. „Das erinnert uns daran, dass Erkundung uns mehr bringt als unglaubliche Entdeckungen – es zeigt uns auch unglaubliche Schönheit.“

UV-Licht erzeugt komplexe organische Moleküle

Aber der zarte Schleier birgt auch wertvolle Informationen über die chemischen Prozesse in der Pluto-Atmosphäre – sozusagen das Wetter auf dem Zwergplaneten. „Die jetzt entdeckten Nebelschleier sind ein Schlüsselfaktor für die Bildung der komplexen Kohlenwasserstoff-Verbindungen, die Plutos stellenweise seine rötliche Farbe verliehen“, erklärt Michael Summers von der George Mason University in Fairfax.

Ähnlich wie auf dem Saturnmond Titan beginnt dieser Prozess in der oberen Atmosphäre, wo das UV-Licht der Sonne Methan zerfallen lässt. Durch diesen photochemischen Prozess bilden sich neue, komplexere Kohlenwasserstoffe wie Ethylen und Acetylen. Wenn diese Verbindungen in tiefere, kältere Bereiche der Atmosphäre absinken, kondensieren sie zu Eispartikeln und es bilden sich die nun entdeckten Wolkenschleier.

Durch weiteren Einfluss des solaren UV-Lichts wandeln sich diese gefrorenen Kohlenwasserstoffe zu rötlich-braunen Tholinen um – den organischen Verbindungen, die wahrscheinlich für die dunklen Ablagerungen entlang des Pluto-Äquators und in geringerem Ausmaß auch in den mittleren Breiten verantwortlich sind. Der genaue chemische Aufbau dieser Tholine ist sowohl auf dem Pluto wie auch auf dem Titan noch unbekannt.

(NASA/ JHUAPL, 27.07.2015 – NPO)

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